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Laut dem internen Papier aus der Koalitionsverhandlung zwischen FPÖ und ÖVP, das seit einigen Tagen diversen Medien in Österreich vorliegt, sollen einige Neuerungen bei der Sozialhilfe geplant sein. So möchte man etwa die Familienbeihilfe anrechnen, eine Wartefrist mit geringeren Bezügen einführen und die Valorisierung aussetzen.
Schon bei der letzten gemeinsamen Regierung hatten FPÖ und ÖVP die Sozialhilfe-Schere angesetzt. Die bisherige Mindestsicherung, die bundesweite Mindeststandards vorsah, musste dem Sozialhilfe-Grundgesetz weichen, das Höchstgrenzen für Leistungen festlegte. Manche Verschärfungen hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) allerdings auf. Nun steht ein neuer Anlauf bevor – in mehreren Ansätzen.
Wer noch nicht eingezahlt habe, dürfe nicht die volle Leistung bekommen, lautet eine Standardforderung von FPÖ und ÖVP. Erfüllen soll das eine Wartefrist, die gerade auch für Asylberechtigte gelten müsse. Allerdings hat der VfGH eine solche bereits einmal in Niederösterreich aufgehoben. Das Gleiche galt für den bundesweiten Versuch, den vollen Bezug von den Sprachkenntnissen abhängig zu machen.
Wartefrist für vollen Bezug
Wie u.a. der Standard berichtet, wollen FPÖ und ÖVP es nun in einer neuen Regierung erneut versuchen. Erst nach einer gewissen Zeit der "vollversicherten Beschäftigung" – genannt werden drei Jahre – soll die volle Leistung zustehen. Bis dahin ist laut Protokoll nur die Hälfte vorgesehen. Eine allein lebende Person würde demnach nur mehr etwas mehr als 600 statt aktuell 1209 Euro im Monat erhalten. Während der Wartefrist solle ein "Integrationspfad" inklusive verpflichtender Arbeit und Praktika beschritten werden.
Jährliche Erhöhung um die Inflationshöhe
Bisher wurde die Sozialhilfe Jahr für Jahr analog zur Ausgleichszulage zumindest im Ausmaß der Inflation angehoben. Damit könnte Schluss sein. Das im Protokoll formulierte Ziel: "Valorisierung der Sozialhilfe vom Ausgleichszulagenrichtsatz entkoppeln". Schon bisher habe das Gesetz die für die Sozialhilfe zuständigen Bundesländer nicht zum Teuerungsausgleich verpflichtet, erläutert Pfeil, allerdings habe sich diese Praxis eingebürgert. Denkbar wäre, dass die Bundesregierung künftig eine Abgeltung in vollem Ausmaß verbietet. Das würde einen schleichenden Wertverlust der Leistung bedeuten.
Gekippt hat der VfGH einst auch den schwarz-blauen Versuch, die Zuschläge für die Kinder degressiv zu gestalten: Mit jedem weiteren Kind sollte die pro Kopf ausbezahlte Leistung sinken. Bei größeren Familien wäre allerdings der Lebensunterhalt nicht mehr garantiert gewesen, so ein Einwand der Höchstrichter.
Geringere Kinderzuschläge
Bestand hatte jedoch ein etwas anders aufgesetztes Modell in Niederösterreich und Oberösterreich. Dieses soll künftig für ganz Österreich gelten: Mit jedem zusätzlichen Kind würde der Betrag pro Kopf stufenweise von 302 auf 145 Euro abschmelzen. Das würde besonders für Wien viel ändern, das aktuell unabhängig von der Familiengröße 326 pro Kind zahlt. Dass eine neunköpfige Familie aus Syrien inklusive Mietbeihilfe ohne Arbeit somit auf 4.600 Euro pro Monat kam, sorgte vor der Nationalratswahl im September für eine hitzige Debatte.
Anrechnung der Familienbeihilfe
Grundsätzlich müssen Sozialhilfeempfänger eigene Mittel aufwenden. Vermögen muss bis zu einem gewissen Betrag aufgebraucht werden, Einkommen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe werden gegengerechnet. Das gilt aber nicht für die Familienbeihilfe – noch nicht.
FPÖ und ÖVP wollen die Leistung künftig anrechnen, statt sie wie bisher oben draufzulegen. Geschieht dies in vollem Ausmaß, dann würden beispielsweise Eltern eines fünfjährigen Kindes von 302 Euro Zuschlag wieder 148 Euro verlieren. Das gleiche Prinzip soll in nicht näher ausgeführten Form für die Krankenversicherung gelten.
Viele Punkte noch offen
Ob die neuen Regelungen jedoch vor dem VfGH Bestand haben werden, bleibt abzuwarten. Die letzten Sozialhilfereformen wurden teilweise gekippt – ein Szenario, das sich bei diesem neuen Anlauf wiederholen könnte. Auch ob die Bundesregierung den Ländern diese neue Regelung im Falle einer Regierungsübereinkunft diktieren könne, bleibt abzuwarten. Schließlich hat das rote Wien das Sozialhilfe-Grundgesetz der letzten ÖVP-FPÖ-Regierung ebenso wenig zur Gänze umgesetzt wie das schwarze Tirol.
Nun müsste man sich ohnehin zuerst auf eine Regierungszusammenarbeit einigen - laut dem vorliegenden Papier liegt man hier noch in vielen Punkten durchaus weit auseinander. Öffentlich geworden ist zuletzt auch der Streit über die Verteilung von Ministerien zwischen den Parteien. ExpertInnen sehen ein Scheitern der Verhandlungen mittlerweile als nicht mehr unwahrscheinlich an.
Mehr Informationen: Mindestsicherung
![Daniel Herndler Daniel Herndler](/assets/img/daniel-herndler_small.jpg)