Was im Kollektivvertrag steht:

Der Kollektivvertrag regelt verschiedenste Dinge im Arbeitsleben. Zum Beispiel werden die Urlaubsbeihilfe und die Weihnachtsremuneration nicht gesetzlich, sondern durch den Kollektivvertrag vorgeschrieben. Es gibt auch keinen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser wird nur durch die Verträge ermöglicht. Zulagen, wie jene für Erschwernis und Gefahren, und die jährlichen Gehaltserhöhungen bekommt man nur dank der Kollektivverträge. Man sieht also, dass man als Arbeitnehmer einige Vorteile aus diesen Schriftstücken bezieht.

Leider kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber vorsätzlich oder auch aus Versehen gegen die Kollektivverträge verstoßen. Deshalb ist es vor allem als Arbeitnehmer wichtig zu wissen, was im aktuellen Kollektivvertrag steht. Das ist der Grund, weshalb jeder Betrieb verpflichtet ist, den aktuellen Kollektivvertrag zur Einsichtnahme offenzulegen. Man muss aber zunächst einmal wissen, welcher Branche man angehört. Welcher Kollektivvertrag für das eigene Arbeitsverhältnis gilt und wo man ihn im Betrieb findet, ist im Dienstzettel angegeben.

Wer die Kollektivverträge abschließt

Grundsätzlich verhandeln immer die Gewerkschaften und die WKO. Das ist auch der Grund, warum Branchen mit vielen Gewerkschaftsmitgliedern für die Arbeitnehmer bessere Verträge abschließen, als jene mit wenigen Mitgliedern. Medial sind die beiden Gruppen jedes Jahr präsent, wenn es um Lohnerhöhungen geht, denn auch wenn die Arbeiterkammer die gesetzlich vorgeschriebene Interessensvertretung der Arbeitnehmer ist, so fallen die verschiedenen Verhandlungen doch in den Aufgabenbereich der Gewerkschaften. Es gibt allerdings auch private Arbeitgeberverbände die Kollektivverträge aushandeln. Diese sind häufig bei Banken oder Versicherungen anzutreffen.

Die Verhandlungsergebnisse dieser Parteien haben Vorrang vor jenen, die die WKO aushandelt. Es werden in Österreich jährlich über 450 Kollektivverträge abgeschlossen. Trotzdem gibt es noch Tätigkeitsfelder, ohne Kollektivvertrag. So wie bei den Freizeitbetrieben. Hier greifen grundsätzlich nur die gesetzlichen Vorschriften. Es wird sich aber darum bemüht, eine allgemeine Grundregelung zu bestimmen.

Im Einzelfall kann allerdings jeder Arbeitnehmer unter Absprache mit dem Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen selbst gestalten, solange beide Seiten einverstanden sind und der Arbeitnehmer nicht benachteiligt wird. Das heißt, der Kollektivvertrag ist nur ein Mindestmaß. Sollte er fehlen oder ist man als Arbeitnehmer unzufrieden mit den Konditionen, muss man persönlich mit dem Arbeitgeber verhandeln.

Nutzen des Kollektivvertrags

Der Grundnutzen ist eine gerechte Entlohnung des Arbeitnehmers. Dieser hat durch die Gewerkschaft einen starken Vertreter bei den Verhandlungen. Durch die Stärke der Gewerkschaft sind aus der Sicht des Arbeitnehmers viel bessere Vertragskonditionen möglich. Denn wenn man als Einzelner mit der Betriebsleitung verhandelt, sitzt diese meist am längeren Hebel, da sie eine größere Auswahlmöglichkeit an Arbeitskräften hat. Allerdings bieten Kollektivverträge auch Vorteile für die Betriebe.

Durch das branchenweite und faire Lohnniveau besteht ein ausgeglichener Wettbewerb zwischen den Unternehmen. So entsteht kein allzu großer Preisdruck, da die Mitarbeiterkosten ähnlich hoch sind und es besteht auch keine Notwendigkeit die Löhne zu kürzen. Durch die faire Entlohnung steigen zudem die Produktivität und der Arbeitswille der Angestellten und Arbeiter. Mit einem hohen Lohnniveau steigt auch der Konsum. Das führt wiederum zu höheren Umsätzen und zu höheren Gewinnen.

Nicht bei der Gewerkschaft?

In Österreich gibt es die sogenannte Außenseiterwirkung. Das bedeutet, man muss kein Mitglied der Gewerkschaft sein, um vom Kollektivvertrag profitieren zu können. Trotzdem hat es Vorteile bei der Gewerkschaft zu sein. Denn je mehr Mitglieder die Gewerkschaft zählt, umso besser sind die Kollektivverträge. Das ist auch der Grund, weshalb die Metaller so viel bessere Kollektivverträge haben, als etwa die Arbeitnehmer im Gastronomiegewerbe.

Warum Verhandeln die Gewerkschaften?

Prinzipiell ist es für einen fairen Kollektivvertrag nötig, dass die Interessensvertretungen verhandeln. Es gibt allerdings gleich mehrere Gründe, warum die Gewerkschaften und nicht die Arbeiterkammer verhandelt. Zum einen ist auf gesetzlicher Ebene geregelt, dass falls es freiwillige Interessensvertretungen gibt, diese die Verhandlungen führen muss. Das ist eine sogenannte Vorrangregelung. Außerdem sind Gewerkschaften in der Lage, branchenbasierte Verhandlungen zu führen. Für eine branchenübergreifende Interessensvertretung, wie die Arbeiterkammer, wäre das ein enormer Zusatzaufwand, da die nötigen Strukturen fehlen.

Die Gewerkschaften und die Arbeiterkammer haben allgemein eine Aufgabenteilung, in der auch die Verhandlungspflichten geregelt sind. Um ihre Forderungen durchzusetzen haben die Gewerkschaften mehrere Möglichkeiten. Meist gelingt es nach mehreren Verhandlungsrunden eine Einigung zu erzielen. Sollte das nicht der Fall sein kann die Gewerkschaft Warnstreiks ausrufen. Nach diesen wird erneut verhandelt.

Ein unbefristeter Streik ist die letzte und stärkste Waffe der Gewerkschaft. Da dieser aber meistens tiefere wirtschaftliche Folgen hat und die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber belastet wird nur im äußersten Ernstfall gestreikt. Zudem erfordert es eine Abstimmung der Gewerkschaft und es darf nur gestreikt werden, wenn mindestens 75 % dafür stimmen. Dieses System ist sehr erfolgreich in Österreich. So verlieren die Österreicher im Schnitt jährlich nur zwei Arbeitstage aufgrund von Streiks.

Fazit

Ein Kollektivvertrag regelt die Mindestansprüche der Arbeitnehmer. Er darf nur zugunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden und gilt immer branchenweise. Die WKO und die Gewerkschaften handeln ihn aus. Zulagen und Sonderzahlungen sind Bestandteile des Kollektivvertrags. Es gibt einzelne Tätigkeitsfelder, bei denen es sein kann, dass kein Kollektivvertrag gilt. Diese sind allerdings nur sehr wenige und man ist bemüht auch für diese eine Grundregelung zu treffen.

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Daniel Herndler
Chef-Redakteur, Ressort-Leiter Steuern und Finanzen
Daniel Herndler ist Wirtschaftsjournalist, Herausgeber und Chef-Redakteur des Nachrichtenportals Finanz.at. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Steuern, Finanzen und Wirtschaft.
Stand: 22.10.2021, 06:20 Uhr